ZEILENBALLADE II

Wo es dich fortzieht aus dem hellen
Bereich an lange nicht begangne Schwellen
erheben Wörter dunkel ihre Nüstern
und Laute gehn die sich gesellen
so losgelassen und nach Erdung lüstern.
Und tanzen Funken blau auf ihren Fellen
und finden Stimmen sich mit düstern
Gebärden ein zu unentwegtem Flüstern.

Dann Stumme noch am Rand die sich verwahren
und ohne Laut noch und verloren stehn
Doch durch die Weigerung geht das verwirrende Gebaren
erstaunter Farben die sich wiedergehn
und wenden sich, wie nah sie sich gewahren
und sucht ein Zeilensprung die weite
Verwunderung an seiner dunkeln Seite

Und sind ein Klang vielleicht der erst beginnt
und greift das Eigensein der lautverliebten Zeilen
nach Stimmen schon die noch im Stummen weilen.
An ihrem Dasein rauft der Wind
und ist ein Durst am Rand von dürren Jahren
der aus geschlossnen Augen rinnt.

Auf einmal ist ihr Tonfall so erfahren
und findet Laute die aus Schwere sind
und gehn wie Worte die den Sinn erwandern
und ahnen, stürmisch beide, die Gefahren
und wissen plötzlich mehr als alle andern
und liegen sich, wo kaum noch Stoffe waren
so seltsam wach und ungewohnt
in jeder Wendung lustbetont
und wortgewaltig in den Haaren

Und sind erregt und klangentfacht
und unbefähigt sich zu meiden
wo sich aus Leichtsinn tausend Silben paaren.
Kein Wortgestöber wird sie scheiden.
Das Blau ist gross und weiter noch die Nacht
und finden sich, die Nähe zu erleiden.
Wo Funken sich und weisse Blätter scharen
und am Gebärdensaum die dunkeln Verse weiden
erahnen Wörter ihre Macht …

— ZEILENBALLADE